Edgar Einemann

Nachrichtenfieber – Broadcast News. 1987. (J. L. Brooks). (PDF)

Analyse-Anmerkungen zu Nachrichtenfieber

Der Film aus dem Jahr 1987 hat eine Länge von 127 Minuten; die Hauptrollen spielen William Hurt (Tom Grunick), Albert Brooks (Aaron Altman) und Holly Hunter (Jane Craig). 
Der Film vermittelt einen Eindruck von den Problemen, denen Fernseh-Macher in ihrer (täglichen) Arbeit ausgesetzt sind. Sie müssen sehr schnell oft unter Zeitdruck eine Vielzahl von Informationen verarbeiten, aufarbeiten und dem Publikum präsentieren; bei Reportagen aus Krisengebieten sind sie Gefahren für ihr Leben ausgesetzt; ihre Arbeitsplätze sind abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Senders, in Krisenzeiten werden auch hochqualifizierte und verdiente Mitarbeiter entlassen.
Über die Entwicklungswege der drei Hauptdarsteller arbeitet der Film heraus, dass weniger eine hohe journalistische Qualifikation (verkörpert durch den Redakteur Aaron) noch das Festhalten an den ethischen Normen und Werten des Berufs (z. B. Beharren auf der Wahrheit und Verzicht auf Manipulation) und Fleiß (in Person der Produktionsleiterin Jane) zum persönlichen Erfolg führen.  Am Ende bringt es die weniger umfassend gebildete und oberflächlich auf den Verkauf ausgerichtete, auch zu Manipulationen fähige Person  (der auch noch als gutaussehend geltende und telegene Tom) bis in die Spitze des Senders.
In einzelnen Sequenzen werden mögliche Kritikpunkte am Medium Fernsehen relativiert. So verweist eine Mitarbeiterin darauf, dass sich schließlich auch die Zeitungen beim Publikum anbiedern würden, um Geld zu verdienen. Und der gut gebildete „Qualitätsjournalist“, der den als oberflächlich dargestellten Nachrichtensprecher bei der Moderation einer schwierigen Sendung noch per Funkkontakt inhaltlich unterstützt, scheitert selber trotz einer guten praktischen Einweisung durch seinen angeblich weniger klugen Kollegen völlig an der Stress-Situation im Studio. Es werden natürlich unterschiedliche Talente benötigt, aber die Moral muss nicht auf der Strecke bleiben.
Gezeigt wird, dass die Fernseh-Verantwortlichen und die Journalisten als Gatekeeper fungieren: Sie entscheiden, was in die Sendung kommt und wie die Beiträge aussehen. Die Vermittlung von Glaubwürdigkeit ist Teil der Inszenierung: so sollen Nachrichten und Texte erzählt und nicht gelesen werden. Nachrichtensendungen werden zumindest mit Unterhaltungs-Komponenten angereichert. Und scheinbar authentische Interviews können durch Schnitte manipuliert sein, das geplante Auslösen von Emotionen beim Publikum kann mit Hilfe von Fälschungen (auch wenn es nur eine nachträglich eingefügte Träne des Journalisten ist, die Mitleid signalisieren soll) erreicht werden. Wirklichkeit wird konstruiert. Die Bereitschaft zum Verzicht auf das Anlegen strenger ethischer Normen und die Bereitschaft zum Setzen auf Oberflächlichkeit wird gleich zu Beginn des Films deutlich, als ein medienkritischer Vortrag auf einer Journalistenkonferenz von den Teilnehmern mit demonstrativer Abwanderung quittiert wird.

Filmbeschreibung
Der Film beginnt mit einer Rückblende. Gezeigt wird ein Verkaufsfahrer mit seinem Kind, das nicht gut aussieht und ein schlechtes Zeugnis bekommen hat. Der Sohn akzeptiert das Angebot, Nachhilfe-Unterricht zu bekommen, er gibt sich stark lernmotiviert und macht tatsächlich sehr früh seinen Schulabschluss. Er ist bei seinen Mitschülern unbeliebt, wird verprügelt und als zukünftiger Anchorman im Fernsehen vorgestellt. Darüber hinaus wird ein Mädchen gezeigt, dass an einer Schreibmaschine arbeitet und als zukünftige Fernsehen-Produzentin gilt.
Auf einer Tagung von Fernseh-Moderatoren hält eine Frau (Jane Craig) eine kritische Rede. Sie sagt: „Unser Beruf ist in Gefahr“ – weil alle gezwungen seien, dem Profit zu dienen. Sie verweist darauf, dass z. B. ein Unterhaltungsfilm als Ersatz für eine Nachrichtensendung gezeigt wurde. Während ihrer Rede verlassen immer mehr Zuhörer den Saal, bis dieser leer ist; die geplante Diskussion fällt zwangsläufig aus. Aber einer der Zuhörer (Tom Grunick) kommt hinterher zu ihr und lobt sie. Sie gehen zusammen Essen, sie doziert und nimmt ihn schließlich mit in ihr Zimmer. Tom erläutert ihr, dass er eigentlich als Sportreporter anfangen sollte, dann aber Nachrichtenredakteur wurde – eine Rolle, in der er nicht wirklich gut sei. Selbstkritisch gesteht er ein, nicht die erforderliche Ausbildung zu haben, nicht wirklich schreiben zu können und trotzdem ein Vermögen zu verdienen. Sie rät ihm zu einer Ausbildung, ihm gefällt die Art der Ansprache nicht und er geht. Sie telefoniert und schätzt ihren Vortrag selbst als nicht gut ein. Als sie von Tom erfährt, dass er im Büro Washington ihres Senders anfangen würde, interveniert Jane (erfolglos) gegen seine Einstellung.
Es wird aus dem Arbeitsalltag von Jane als Produktionsleiterin von Filmbeiträgen für das Fernsehen berichtet. Sie ist zuständig für die Fertigstellung eines Interviews mit einem heimkehrenden Söldner, die ihr in letzter Sekunde vor der Sendung unter großer Hektik gelingt. Tom kommt als neuer Kollege zu ihr, aber sie hat keine Zeit für ihn. Sie bereitet sich mit dem Reporter Aaron auf eine Reise nach Nicaragua und einen Bericht über den Kampf der Sandinisten vor. Im Busch interviewen sie Soldaten und geraten in einen Schusswechsel. Der Bericht über den Konflikt in Nicaragua wird im Fernsehen gezeigt.
Tom möchte Jane gerne einladen, aber sie hat keine Zeit für ihn. Sie soll an einem Projekt in New York arbeiten, aber Tom hat die Zuständigkeit für eine Geschichte und sucht Sie als seine Produktionsleiterin aus. Er telefoniert mit seinem Vater und berichtet, dass er seinen Job nun doch sehr gut machen könne. In der Tat hat der gut aussehende Tom beruflich großen Erfolg.
Eine Mitarbeiterin im Team beschwert sich über die verbreitete Medienkritik. Sie moniert, dass das Fernsehen dafür kritisiert wird, sich bei den Zuschauern anzubiedern und Geld verdienen zu wollen – sie verweist darauf, dass die Zeitungen das doch auch tun. Jane wird von einer Kollegin (Jennifer) über ihre Beziehung zu Tom befragt, ist sich unsicher und stellt ihr frei, sich um Tom zu bemühen.
Tom hat die Zuständigkeit für eine große Geschichte unter Beteiligung einer Vielzahl von Reportern; Jane soll die Produktionsleitung übernehmen. Ihr angestammte Reporter-Kollege Aaron wird nicht beteiligt, Tom ist der Chef. Jane interveniert bei ihrem Vorgesetzten zu Gunsten von Aaron, aber der hat keine Chance. Sie macht ihren Job korrekt und gut, Aaron trinkt mehr als gut ist. Tom sitzt im Studio und sagt die Nachrichten an – ein lybisches Flugzeug hat die USA auf Sizilien angegriffen. Jane steht als Produktionsleiterin im Funkkontakt mit Tom im Studio und gibt ihm Hinweise für seine Live-Ansagen im Fernsehen – die sie selbst wiederum von dem sehr guten Reporter Aaron am Telefon erhält. Am Ende haben Tom und Jane ihren Job sehr gut gemacht, alle sind stolz und gratulieren Ihnen. Er lobt sie sehr, will mit ihr feiern – aber sie will erst später kommen. Sie besucht Aaron und bedankt sich für seine Hilfe. Aaron macht ihr Komplimente, aber sie will doch verspätet zu der Feier gehen – und trifft Tom mit der Kollegin (Jennifer), die ihr Bemühen um ihn angekündigt hatte. Die beiden verlassen Jane und gehen in Jennifers Wohnung, in der sie über einen beeindruckend großen gut gefüllten Kleiderschrank verfügt. Jane ist unglücklich, sie weint im Büro und stellt das Telefon ab.
Im Sender erläutert der Nachrichtenchef, dass er 24 Millionen einsparen muss und sich dazu von Mitarbeitern trennen wird. Jennifer wird als Korrespondentin nach Alaska geschickt. In einem Dialog zwischen dem klugen Reporter Aaron und Tom wird klar, dass er Tom Intellektuell für nicht ganz auf der Höhe hält. Tom interessiert sich anhaltend für Jane, macht ihr Komplimente und will mit ihr zu einem Korrespondenten-Empfang gehen. Tom möchte eine Story über Gewalt gegen Frauen in die Nachrichtensendung einbauen, Aaron ist für das Festhalten an dem Nachrichten-Schwerpunkt und kann sich nicht durchsetzen. Tom interviewt eine betroffene Frau, erreicht eine hohe Betroffenheit und hat während des Interviews selber eine Träne auf der Wange - alle sind begeistert von so viel authentischer Emotion.
Jennifer berichtet inzwischen aus Alaska, und Aaron wird seine Kündigung nahe gelegt. Er bittet darum, am Wochenende aushilfsweise die Nachrichten moderieren zu dürfen. Jetzt hat sich die Binnenbeziehung zwischen den beiden umgekehrt: der telegene Tom macht ein Training mit Aaron und gibt diesem gute Hinweise. So soll sich Aaron z. B. auf sein Jackett setzen, damit keine Falten sichtbar sind und direkt in die Kamera blicken; er soll nicht nur etwas vorlesen, sondern eine Idee verkaufen nach dem Motto: vertraut mir, ich bin glaubwürdig. Jane unterstützt Aaron bei der Auswahl seiner Kleidung und stattet ihn noch mit einem Schulterpolster aus. Jane und Tom sind auf einer Party, als Aaron die Nachrichten moderiert. Der bekommt während der Sendung einen massiven Schweißausbruch, der Schweiß läuft ihm durch das Gesicht und sein Hemd ist völlig durchgeschwitzt; in der Bewertung heißt es, sein Text sei gut, sein Auftritt aber schlecht gewesen. Jane geht zu Aaron, der ihr von dem Schweißausbruch berichtet und als Freund auf sie einredet, sich nicht auf Tom einzulassen. Er gesteht ihr seine Liebe und kritisiert, dass Tom das Niveau senken wird.
Im Büro schreit Jane Tom an; dessen Vater kommentiert: so wie die sich verhält, verhält sich kein liebender Mensch. Tom sagt ihr auf Befragen allerdings nicht die Wahrheit und behauptet, sie würde seinem Vater gefallen. In der Nachrichtenredaktion muss in großem Stil gespart werden, viele werden angesprochen und rausgeschmissen. 27 Mitarbeiter werden entlassen, und Tom soll nach London. Jane wird zur Redaktionschefin befördert Aaron könnte zwar bleiben, hat aber von sich aus gekündigt. Er erläutert Tom, dass die Versetzung nach London einer Beförderung gleichkommt und von dieser Position aus ein weiterer Aufstieg im Sender wahrscheinlich ist.
Jane hat noch einen Urlaubsanspruch von 14 Tagen und verspricht Tom, für eine Woche mit ihm auf eine Insel zu Reisen. Vorher hat sie noch ein Gespräch mit Aaron, in dem dieser sich erneut negativ über Tom äußert und sich über dessen Träne in dem Interview mit der vergewaltigten Frau mokiert. Daraufhin überprüft Jane noch einmal das Band mit dem Interview und stellt fest, dass es zusammengeschnitten wurde und Tom die Träne simuliert hat. Das ist für sie der Grund, am Flughafen ihre Beteiligung an der Reise abzusagen. Sie sagt ihm, er habe das Berufsethos von Nachrichtenredakteuren mit Füßen getreten. Das sei in ihrem Beruf das Schlimmste, er habe die Grenze überschritten. Tom wartet bis zuletzt auf sie, aber sie fliegt nicht mit.
Sieben Jahre nach dieser Szene treffen sich Tom, Jane und Aaron wieder. Tom ist Chefmoderator des Senders geworden und stellt seine Verlobte vor. Aaron erscheint mit seinem Kind. Tom macht Jane das Angebot, sie zur Chefredakteurin zu machen – sie sagt zu. Jane hat seit drei Monaten einen neuen Partner, und Aarons Frau hat einen neuen Job.