Foto Edgar Einemann Prof. Dr. Edgar Einemann

Industriepolitik

In den achtziger Jahren waren wir an der Diskussion einer ökologischen Industrie-, Technologie- und Strukturpolitik beteiligt. Dieser Ansatz ist heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Das zeigen auch die Empfehlungen einer vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) eingesetzten Arbeitsgruppe, die den deutschen Industrie-Unternehmern einen paradigmatischen Wechsel ihrer industriepolitischen Position nahelegen (BDI & Z_punkt GmbH, 2011). Verkündet wird ein in Zukunft erforderlicher „Paradigmenwechsel der Wertschöpfung“: „Die Empfehlung an den BDI lautet, eigene Vorschläge zu der Frage zu entwickeln, ob eine hochentwickelte Gesellschaft wie Deutschland ihren Erfolg allein an quantitativen Wachstumsparametern messen kann. Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie, Soziales – sind dabei unverzichtbar.“ (S. 97). Technologie-Trends und gesellschaftliche Entwicklungen werden auch unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen analysiert und die Notwendigkeit der gesellschaftlichen (politischen) Zielbestimmung ausdrücklich eingestanden. So wird z. B. für den Bereich „Mobilität“ erläutert: „Entscheidend ist, Qualitätsziele zu definieren: Welche Mobilität wollen wir eigentlich, zu welchem Preis und zu welchen Konditionen?“ (S. 9). Wenn denn auch noch die einzelnen Unternehmen die BDI-Empfehlung ernst nehmen, „dass Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit umfassend in ihre Innovations- und Strategieprozesse integrieren und umsetzen“ (S. 97), dann steht der vom prominenten Grünen Ralf Fücks von der Heinrich-Böll-Stiftung skizzierte Weg in den „Ökokapitalismus“ (Fücks, 2007) offen. Fücks (2013) wählt für den Titel seines neuen Buches über denn auch die Überschrift „Intelligent Wachsen“ (Untertitel: „Die grüne Revolution“). Weniger eine Revolution und mehr die Optimierung von Profit und Kapitalismus haben die Strategy-Consultants von Roland Berger im Auge, wenn sie sich für die Beratung von Unternehmen mit einem Buch unter der Überschrift „Green Growth, Green Profit“ (2011) empfehlen. Die Positionsbestimmungen der Gewerkschaften wie z. B. der IG Metall (2008) zur ökologischen Industriepolitik oder der SPD-Bundestagsfraktion (2012) zur Industriepolitik liegen nicht weit auseinander.

Es zeichnet sich eine positive Zukunftsperspektive ab, wenn die Ansätze aus Sicht von Unternehmern, Gewerkschaften, Politikern und kritischen Wissenschaftlern die Aussicht darauf eröffnen, dass sich in vielen Fragen mehr Konsense als Dissense ergeben. Eine sehr gute Grundlage für die fundierte Diskussion auf der Höhe der Zeit bietet „Der neue Bericht an den Club of Rome“ von Jorgen Randers (2012) mit dem Titel „2052“. Die politische Auseinandersetzung könnte sich beziehen auf das Buch von Michael Müller und Johano Strasser (2011), die  ihre Empfehlungen für den Weg „aus der Wachstumsfalle“ an vielen Stellen mit apokalyptische Visionen garnieren (nach dem Motto: wenn dies und das nicht gemacht wird, dann kommt so etwas wie der Weltuntergang). Aber auch die Klärung dieser Fragen muss Teil der Debatte sein.

Ein sehr gutes Papier zur europäischen Industriepolitik hat Matthias Kollatz-Ahnen erarbeitet.

Ein Beispiel für die strategische Umsetzung auf der regionalen Ebene bietet die SPD Niedersachsen. Sie hat ein umfassendes Papier vorgelegt, das konkrete Perspektiven für einzelne Leitmärkte der Zukunft in einen (wirtschafts-)politischen Gesamtrahmen einbettet.

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